Hohe Leistung bei geringem Bauraum ist eine Anforderung an elektrische Antriebe. Mit Blechpaketen aus Kobalt-Eisen-Legierungen lassen sich 20 bis 30 Prozent höhere Leistungsdichten erzielen. Nun ist die Technologie bei einem serienfähigen Kostenniveau angekommen.
Bild 1: Statische Neukurve der CoFe-Legierung Vacoflux X1 im Vergleich zu NO20 und Vacodur 49. Vacoflux X1 zeigt bei kleinen Feldstärken Bestwerte für CoFe-Werkstoffe. (Bild: Vacuumschmelze)
Anwendungen mit besonders hohen Ansprüchen, zum Beispiel die Luftfahrt oder der Motorsport, greifen häufig auf die Blechpakete aus Kobalt-Eisen-Legierungen der Vacuumschmelze (VAC) zurück, um höhere Leistungsdichten zu ermöglichen. Ein Technologietransfer in für den Straßenverkehr zugelassene Premiumfahrzeuge oder leistungsstarke Industrieanwendungen war bisher jedoch nur sehr selten sinnvoll, da die Kosten für diese Rennsporttechnologie und den enthaltenen Hochleistungswerkstoff beachtlich sind.
VAC ist es nun nach Jahren der Entwicklung gelungen, den Spagat zwischen rennsporttauglicher Leistung und einem serienfähigen Kostenniveau zu realisieren. Als Beleg hierfür dient die Studie einer leistungsfähigen PM-Synchronmaschine der Firma Drivetek AG (Eigenschreibweise: drivetek ag). Der neue Werkstoff Vacoflux X1 positioniert sich in der Mitte zwischen günstigem, jedoch leistungsschwachem Elektroblech und den bisherigen Hochleistungslösungen aus Kobalt-Eisen-Werkstoffen.
Diese Frage stellen sich viele Konstrukteure, sobald es um die Auslegung von Elektromotoren mit maximalen Leistungsdichten geht. Ausgangspunkt sind häufig permanenterregte Synchronmaschinen (PSM) mit höheren Drehzahlen und entsprechenden Frequenzbelastungen für die weichmagnetischen Komponenten. Um die entstehenden Eisenverluste in einer akzeptablen Größenordnung zu halten, kommen Elektrobleche mit kleinen Banddicken zum Einsatz. Im kommerziell vertretbaren Bereich lässt sich hierfür die Qualität NO20 gemäß EN 10303 als Referenzmaterial ansehen.
Abgesehen von unterschiedlichen Eisenverlusten verbindet alle Elektroblechqualitäten aber ein gemeinsames Limit: Das nutzbare Induktionsniveau ist beschränkt auf einen Wert von etwa 1,5 T bei 2500 A/m, was dann letztendlich die erreichbare Leistungsdichte des Motors begrenzt.
Bild 1: Statische Neukurve der CoFe-Legierung Vacoflux X1 im Vergleich zu NO20 und Vacodur 49. Vacoflux X1 zeigt bei kleinen Feldstärken Bestwerte für CoFe-Werkstoffe. Vacuumschmelze
Um diese Grenze deutlich zu verschieben, ist der Wechsel auf Kobalt-Eisen-Legierungen (CoFe) erforderlich. Für Motorenanwendungen ist die Legierungsgruppe mit einem Kobaltanteil von 49 % und 2 % Vanadium (zum Beispiel Vacodur 49) die mit Abstand beste technische Lösung. Bei 2500 A/m beträgt die Induktion hier 2,25 T und liegt damit 50 % über dem Niveau von Elektroblech. Abhängig vom Motordesign lässt sich damit die Leistungsdichte beziehungsweise das Drehmoment um typischerweise 20 bis 30 % erhöhen.
Neben seit Jahrzehnten bekannten Anwendungen im klassischen Luftfahrtbereich (zum Beispiel in Generatoren) haben sich die Einsatzmöglichkeiten in jüngster Zeit deutlich erweitert: Vollelektrische oder Hybrid-Luftfahrzeuge sind in aller Munde und verändern diese Branche in den nächsten Jahrzehnten grundlegend. Aber auch auf dem Boden kommen Höchstleistungsmotoren vor allem im Rennsport zum Einsatz. Die von der VAC entwickelte Vacstack-Technologie hat sich hier sowohl in der Formel 1 (ERS) wie auch in der Formel E (Hauptantrieb) auf breiter Ebene durchgesetzt.
Der vergleichsweise hohe Preis von 49%-igen CoFe-Werkstoffen hat bisher den sonst üblichen Transfer von Rennsport-Anwendungen zu Serienfahrzeugen der Premiumklasse, die wiederum als Technologieträger für die Großserie dienen, erschwert.
Der Wunsch vieler Motorenentwickler nach einem Werkstoff mit einem signifikant höheren Induktionsniveau als Elektroblech und gleichzeitig vertretbaren Kosten für breitere Anwendungsgebiete war in der Vergangenheit nicht erfüllbar. Es existieren zwar Werkstoffe mit geringerem Kobalt-Gehalt, diese liegen aber entweder sehr nahe an klassischem Elektroblech (etwa 5 % Co-Gehalt) oder sind technisch nicht für Motoranwendungen geeignet (10 bis 30 % Co-Anteil). Der VAC ist es nun gelungen, die bestehende Lücke mit der Markteinführung der neuen CoFe-Legierung Vacuflux X1 endlich zu schließen. Bild 1 zeigt die Neukurve von Vacoflux X1, die bei kleinen Feldstärken Bestwerte für CoFe-Werkstoffe bietet und bei hohen Aussteuerungen mittig zwischen NO20 und Vacodur 49 verläuft.
Bild 2: Diese Traktionsmaschine mit einer Leistung von 250 kW und einer Drehzahl von 4775 1/min diente als Grundlage für die Vergleichsstudie von Drivetek. Vacuumschmelze
Der technische Vorteil des Materials wurde bereits anhand einer Vergleichsstudie der Firma Drivetek konkret nachgewiesen. Ausgangspunkt dieser Studie ist die Spezifikation einer Traktionsmaschine mit einer Leistung von 250 kW, welche ab einer Drehzahl von 4775 1/min zur Verfügung steht. Mit einer derartigen Maschine sind Fahrdaten, die im Bereich aktueller Oberklasse-BEV liegen, erreichbar. Die Eckdaten der Maschine sind in Bild 2 zusammengefasst.
Die Maschine ist als PM-Synchronmaschine mit vergrabenen Magneten (IPM) realisiert. Bei der Auslegung wurde eine möglichst hohe Drehmomentdichte angestrebt, wobei die induzierte Spannung auch bei Maximaldrehzahl unterhalb des für den Umrichter zulässigen Wertes liegen soll. Infolgedessen wurde das Verhältnis zwischen Magnet- und Reluktanzmoment optimiert. Basierend auf dem Design mit einem Stator aus NO20 ist dieser jeweils für die beiden CoFe-Legierungen Vacodur 49 und Vacoflux X1 so angepasst, dass die Nutzfläche sich erhöht und bei konstantem Kupferfüllfaktor entsprechend mehr Kupfer verbauen ließ. Die erhöhte Sättigungsinduktion der CoFe-Materialien lässt sich somit optimal ausnutzen. Durch die erhöhte Kupferfläche ist es beim Einsatz von Vacoflux X1 möglich, den maximalen Strom bei gleichbleibenden Verlusten um bis zu 5 % zu steigern.
Bild 3: Drehmoment der Traktionsmaschine im Vergleich mit verschiedenen Statormaterialien. Mit Erhöhung des Phasenstroms ist eine Steigerung des Drehmoments um 12,5 % möglich. Vacuumschmelze
Allein durch den Einsatz von Vacoflux X1 ergibt sich bei gleichbleibendem Phasenstrom eine Steigerung des Drehmomentes um 7,1 %. Mit der erwähnten Erhöhung des Phasenstroms um 5 % auf 420 Arms resultiert die in Bild 3 dargestellte Steigerung des Drehmomentes um 12,5 % auf 561 Nm. Eine weitere Steigerung des Drehmomentes ist durch den Einsatz von Vacodur 49 möglich. Trotz aller besprochenen Änderungen erfolgte keine Anpassung des Rotors. Dieser blieb sowohl hinsichtlich der Geometrie als auch der Materialien (NO20 HS) über alle Varianten identisch. Somit ist auch keine erneute Berechnung und Optimierung der Rotorfestigkeit nötig und der Aufwand für die Qualifizierung der mit dem Einsatz von Vacoflux X1 optimierten Variante lässt sich damit minimal halten. Auch die induzierte Spannung bleibt innerhalb des spezifizierten Limits.
Zusätzlich zur erwähnten Steigerung des Drehmomentes kommt es in vergleichbaren Arbeitspunkten zu einer Erhöhung des Wirkungsgrades. Dabei lässt sich abhängig vom Arbeitspunkt durch den verringerten Phasenstrom sowie die erhöhte Kupferfläche eine Reduktion der Kupferverluste um bis zu 28 % erzielen. Dies resultiert im Fahrzeug schließlich zu einer Erhöhung der erzielbaren Reichweite, ohne dass eine Vergrößerung der Batterie notwendig ist. Durch eine stärkere Optimierung auf Wirkungsgrad, ohne einen Gewinn beim erzielbaren Drehmoment anzustreben, ließe sich der Gewinn beim Wirkungsgrad noch weiter erhöhen.
Die Vergleichsstudie bestätigt, dass die gegenüber NO20 besseren Leistungsdaten von Vacoflux X1 auch in entsprechend verbesserten Leistungsdaten des Motors resultieren. Der Gewinn an Drehmoment liegt dabei, wie auch die Sättigungsinduktion, zwischen NO20 und Vacodur 49. Da der Rotor nicht angepasst wurde, kann ein bestehendes Design einer elektrischen Maschine gegebenenfalls weiterverwendet werden. Die erstmalige öffentliche Präsentation dieser Neuheit erfolgt auf der Messe CWIEME in Berlin (21.-23. Mai 2019) auf dem Stand der Vacuumschmelze und mit einer gemeinsamen Keynote mit Drivetek im Rahmen der Konferenz „EV Momentum“ (E-Mobility Hall 3.1).
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